Eine ganz normale super Musik

Passauer Neue Presse, 8.6.2011

Zum zehnten Mal steigt an Pfingsten das Inntöne-Festival in Diersbach

So richtig viele Menschen lockt ein Festival, wenn es richtig große Namen aufs Plakat druckt. Paul Zauner druckt für sein Inntöne-Festival, das von Freitag bis Sonntag im oberösterreichischen Diersbach läuft, fast gar keine Plakate, und die Namen drauf kennen – bis auf eine Ausnahme – nicht mal die Fachleute: Gleich zum Auftakt am Freitag um 19 Uhr spielt der 66-jährige John Abercrombie im Froschauer Stadl, einer der einflussreichsten und vielseitigsten Gitarristen in der Geschichte des Jazz. Ansonsten darf man sich getrost überraschen lassen.

Seit 26 Jahren veranstaltet Zauner das Festival, zum zehnten Mal heuer schon auf seinem Hof. „Es wird immer schwieriger, Sachen zu finden, die extrem gut sind und die noch nicht da waren“, sagt der Kurator und er sagt es ohne jede Arroganz. Es genügt der Blick zu den Festivals nach Burghausen und Straubing, um zu erkennen, was er meint: Jazz-Stars vom Kaliber eines Chick Corea oder Al Jarreau sprießen nicht aus dem Boden, irgendwann war alles mal da.

Zauners Befreiungsschlag ist die (sensationell ergiebige) Suche nach frischen Kreativköpfen. Und wer sagt, dass die jung sein müssen? Darum präsentiert er in einer neuen Reihe namens Jazz Standards Heritage Club heuer „prägende Musiker, die im Lauf der Zeit vergessen worden sind“. Entdeckt haben Paul Zauner und sein Team diese unbekannten Könner, die oft nicht mal eine CD auf dem Markt haben, unter anderem per Internet-Radio. Musiker wie der Altsaxofonist Larry Smith aus Detroit oder Sängerin Melba Joyce, die Zauner bei einem Kirchenkonzert in Harlem (New York) gehört und ins Herz geschlossen hat. „Die Frau singt so, wie ich mir Jazzgesang vorstelle“, sagt er, „die meisten heutigen Sängerinnen berühren mich nicht, die sind nicht authentisch.“ Und dann kommt so ein typischer Zauner-Satz: „Die Melba Joyce is einfach a ganz normale super Jazzsängerin.“

 Jenseits dieses „Jazz Standards Heritage Club“ bleiben die Inntöne so bunt wie immer: afrikanischer A-cappella-Gesang trifft Avantgarde-Bigband, Kinderkonzert trifft Saxofon-Koloss Azar Lawrence und so fort. Wer jetzt genau wann spielt, hat bei den Inntönen noch nie eine Rolle gespielt. Geht ja eh keiner wegen der Namen hin. Raimund Meisenberger

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