Schuld daran trug nicht allein der lange Schatten Garnetts. Es war diese Diskrepanz zwischen seinem würzigen, tadellosen Pianostil und einer erstaunlich ausdrucksarmen Stimme, die verwirrte. Crawford herzte New-Orleans-Klassiker aus allen Dekaden. Die Sperrigkeit des Gesangs verflog spät. Erst bei Abbey Lincolns „Throw It Away“ musste man auch dieser eigentümlichen Stimme Beseeltheit zusprechen. Anderntags ging es die Sängerin Melba Joyce ganz anders an. Es war der fröhliche, energiegeladene Ansatz einer Ella Fitzgerald, der ihren umjubelten Auftritt prägte. Absolutes Highlight war aber der famose Saxofonist Azar Lawrence. Der aus L. A. gebürtige Musiker, der mit so unterschiedlichen Größen wie Miles Davis, Marvin Gaye sowie Earth Wind & Fire aufgenommen hat, war früher für seine delikaten Fusionsounds bekannt. Heute spielt er den multidimensionalen Sound, der ihn einst zum Musikerdasein verführt hat, jenen von John Coltrane.
Lawrence verführte kraftvoll mit Eigenem wie „Summer Solstice“, attackierte mit McCoy Tyners „Walk Spirit, Talk Spirit“ und sogar mit Coltranes heiligem „A Love Supreme“. Das extrem lustvoll agierende Quartett demonstrierte, dass Jazz immer noch eine imperiale Macht sein kann.
SAMIR H. KÖCK
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