Hugh Masekela: Trompete des schwarzen Südafrika

Am Freitag spielt er auf einem Jazzfest im Innviertel, am 10. Juni beim „Kick-off“ der Fußball-WM. Der „Presse“ erzählte der Trompeter aus seinem Leben.

Die Presse, 17.05.2010, von Samir H. Köck

Als Südafrikaner sind wir stolz, die erste Fifa-Fußballweltmeisterschaft in Afrika zu veranstalten. Ich fühle mich geehrt und geschmeichelt, Teil dieser globalen Veranstaltung zu sein.“ So höflich reagierte Hugh Masekela, nachdem er reichlich spät fürs Eröffnungskonzert engagiert worden war, bei dem amerikanische Musiker dominieren werden.

Dabei eignet sich niemand besser dafür, Südafrika zu präsentieren, als der 71-Jährige aus Witbank bei Johannesburg. In jungen Jahren war ihm die Trompete ein Instrument des Widerstands. In Gruppen wie den Merry Makers und den Jazz Epistels reflektierte sich in Masekelas Spiel all der Kummer und der Zorn, den das Leben im Apartheidregime mit sich brachte. 1960 emigrierte er nach England. 1990 kam er, kurz nach Freilassung Nelson Mandelas, zurück und begrüßte das Ende des Regimes mit gleißenden Trompetenklängen.

Hugh Masekelas Karriere begann mit einem Hollywoodfilm. Als Kind schmuggelte er sich in ein Kino und sah „Young Man with A Horn“, in dem Kirk Douglas den legendären Jazztrompeter Bix Beiderbecke darstellte. Masekela erinnert sich schmunzelnd: „Unser englischer Kaplan, Trevor Huddlestone, kümmerte sich gern um Talente, speziell um solche, die keine Furcht vor Autoritäten zeigten. Ständig eckte ich in der Schule an. Er besuchte mich einmal zu Hause und fragte, was ich denn im Leben wirklich wolle. Ich erzählte ihm von diesem Film und sagte: ,Besorgen Sie mir eine Trompete, und ich mache keine Schwierigkeiten mehr.‘ Ich hatte eine Perspektive. Beiderbecke sah aus, als ob er sich von niemandem etwas sagen ließe. Genauso wollte ich sein.“
 
Ein Geschenk von Louis Armstrong

Nachdem Huddlestone aus Südafrika ausgewiesen worden war, half er Masekela aus der Ferne. Bei einer USA-Reise lernte er Louis Armstrong kennen und erzählt ihm vom Talent im fernen Südafrika. Armstrong schickte Masekela eine Trompete: „Seit dieser Stunde nenne ich mich einen professionellen Musiker.“ Später in New York traf er seinen einstigen Gönner. Mit Glanz in den Augen erinnert sich Masekela: „Ich trat auf ihn zu und sagte: ,Ich bin der kleine Bub, dem Sie einst eine Trompete geschickt haben.‘ Er war ein sehr lustiger Mensch, beendete praktisch nie einen Satz, ohne New Orleans zu erwähnen. Das war das Einzige, was ich von ihm kopieren wollte: nie zu vergessen, woher man kommt.“

Zunächst versuchte sich Masekela ganz im Jazzidiom. Doch Freunde von Miles Davis bis Dizzy Gillespie rieten ihm, afrikanische Klänge in seine Musik zu integrieren. Dadurch gewann die Szene ein echtes Original. Masekela arrangierte erst Alben seiner Kindheitsfreundin und späteren Frau Miriam Makeba. 1965 feierte er mit „The Americanization of Ooga-Booga“ den eigenen Durchbruch. Es waren bewegte Zeiten. Masekela engagierte sich in der US-Bürgerrechtsbewegung, kämpfte gegen den Vietnam-Krieg: „Wir waren alle Blumenkinder. Ich schrieb viele sozialkritische Songs. Das war ungewöhnlich. Schwarze schrieben damals sonst nur Liebeslieder.“ Masekela spielte auf Festivals von Monterey bis Newport, war in der Folk-, Rock- und Jazzszene gleich hoch angesehen. Im Geist der Alternativkultur der Sechzigerjahre gründete er mit Chisa ein eigenes Label, auf dem u.a. Werke der Crusaders erschienen. Masekela erklärt: „Chisa ist ein altes Zulu-Wort, das „heiß“ bedeutet. Wenn eine Band richtig gut spielte, dann rief die Menge mit hoher Stimme: ,Chisa!‘.“

In den Achtzigern zog Masekela nach Afrika, wo er einige seiner besten Werke aufnahm. Er erklärt: „Die Art von Erfolg, wie man sie in Amerika hatte, interessierte mich nicht. Statt im Materialismus zu versinken, wollte ich lieber politischer Aktivist bleiben.“ 1990 war der Weg in die alte Heimat frei. Seither bemüht sich Masekela, die Wunden zu heilen, die die Apartheid geschlagen hat. „Ich bin in kulturellen und in landwirtschaftlichen Projekten aktiv. Wir brauchen eine geistige Renaissance. Die Leute kennen den Kruger-Nationalpark mit seinen Tieren besser als die Kultur und das Potenzial schwarzer Südafrikaner! Das muss sich ändern.“

„INNTÖNE“ MIT MASEKELA

Das Jazzfestival am Bauernhof in Diersbach bei Schärding findet von 21. bis 23.Mai zum 25.Mal statt. Es spielen u.a. Hugh Masekela (21.), Donald Smith (22.), Frank Lacy, Gregory Potter (23.). Info: Tel. 07719/200 61