INNtöne: Das Festival der Schwärmer

DIERSBACH. INNtöne-Jazzfestival: Besucher und Musiker sind begeistert von der unvergleichlichen Atmosphäre beim Festival auf einem kleinen Bauernhof im innviertlerischen Diersbach.

"Das Publikum ist hier unser vierter Partner, so etwas wünscht man sich eigentlich immer als Musiker. Dieses direkte Verhältnis, diese Verbindung mit den Besuchern ist das Besondere an diesem Festival. Wir spielen nicht für uns, wir spielen nicht nur für das Publikum, wir spielen miteinander." Pablo Held, der deutsche Jazzpianist, der mit seinem Trio zum zweiten Mal in der kleinen Innviertler Gemeinde Diersbach beim INNtöne-Jazzfestival zu Gast ist, bringt es auf den Punkt: Es ist das Familiäre, das Ungezwungene, das die besondere Atmosphäre dieses Festivals ausmacht. Eine Meinung, die viele der tausenden Besucher teilen.

Auch Gerald Muhr aus Ried, seit Jahren Stammgast in Diersbach, schätzt die ungezwungene, entspannte Stimmung – und die Umgebung: "Schon die Herfahrt ist ein Genuss, und hier hört man so viele Musikrichtungen, man kann tief eintauchen in die Musik."

Mit suchendem Blick, einen abgegriffenen Geigenkasten unter dem Arm, kommt ein kleiner, drahtiger, vollbärtiger älterer Festivalbesucher aufs Gelände – mit suchendem Blick. Als er Festivalorganisator Paul Zauner sieht, lächelt er und hebt den Geigenkasten hoch. "Das ist der Vater von Bassist Wolfram Derschmidt (einer der renommiertesten Jazz-Bassisten Österreichs; Anm.d.Red.), er hat die Geige für meinen Sohn Lorenz restauriert", sagt Paul Zauner zufrieden und präsentiert stolz die Geige. Und auch Derschmidt senior schwärmt vom Festival, von der Landschaft und von der Stimmung: "Es ist einfach herrlich...!"

Andalusische Gitarrenklänge dringen aus der zur Konzertbühne umgestalteten Scheune am Buchmannhof von Paul Zauner. Niño Josele vermittelt spanisches Lebensgefühl mit seiner jazzigen Flamencointerpretation. "Grandios", sagt Robert aus Judenburg. "Das ist die beste Location für ein Festival: tolle Musik, tolle Menschen, tolle Umgebung!"

Oliver Windling ist aus England angereist und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus: "Eine perfekte Kombination, ich war noch nie auf einem Festival am Land, unglaublich stimmungsvoll", sagt der Jazzclub-Besitzer. Sein Begleiter, der britische Journalist Matthew Wright, wird die Idee, ein Festival am Land zu veranstalten, auch in England bekannt machen: "Großartige Idee, wir bringen das nach England!"

"Ihr seid ein fantastisches Publikum", sagt Niño Josele in spanisch gefärbtem Englisch und verbeugt sich mit seinen beiden Musikerkollegen vor den applaudierenden Gästen. Standing Ovations folgen. Es ist das schönste Kompliment an dieses Festival, und auch die Augen von Paul Zauner glänzen, als er mit Jazzmeia Horn danach eine der schillerndsten Nachwuchssängerinnen der New Yorker Jazzszene ankündigt.

Die Jungen zeigten Größe und Emotion

17 Konzerte auf der Hauptbühne verschafften beim INNtöne-Festival einen Überblick über aktuelle Strömungen, wobei die echte Avantgarde in Diersbach ausgespart bleibt. Die Klänge reichen vom verträumten Pianosolo des Carlton Holmes bis zu den fröhlich krachenden alten Anarchomännern des Sun Ra Arkestra, von der gut geölten Harlem Jazz Machine des Trompeters Melvin Vines bis zum Bluesfunk des James Blood Ulmer mit dem New Jungle Orchestra.

Die großen, auch emotionalen Momente kamen von kleinen Besetzungen meist junger Musiker. So begeisterte am Freitag das Trio Interzone des einheimischen Trompeters Mario Rom: unkonventionelles Spiel mit Melodien, die Stille nutzend, und immer wieder enormes Tempo. Ein weiteres Trio, das des deutschen Pianisten Pablo Held, entlockt dem etwas abgenützten Format Piano Bass Drums spannende Aspekte. Da wird der Jazz zu einem wunderbar strömenden Energiefluss.

Innviertler Weltklasse

Eines der reifsten Konzerte gab der Innviertler Trompeter Lorenz Raab, mit Erik Hegdal am Saxophon, dem famosen Michel Godard an der Tuba und Patrice Heral als Perkussionisten. Das hatte zweifellos Weltklasse. Vom strahlend einsamen Trompetensolo über Duos bis zur heftigen Kollektivimprovisation hat die Musik alles, was ein Jazzkonzert braucht. Von der Stimmung das schönste war sicherlich der Auftritt der 23-jährigen Jazzmeia Horn aus Dallas. Die Sängerin strotzt vor Energie, bezieht sich auf die großen Diven Abbey Lincoln und Betty Carter, singt Coltranes „Giant Steps“ mit unfassbarer Leichtigkeit, ihr Scatgesang ersetzt eine ganze Brigade Bläser. Am Ende lagen ihr die Besucher zu Füßen.    

Nachrichten, Roman Kloibhofer